Besuch in Mainz

In den nächsten Wochen steht die Entscheidung über die Einführung eines Fahrradverleihsystems in Baden-Baden auf der politischen Agenda des Betriebsausschusses.

Ein Fahrradverleihsystem ist Teil des am Ende der letzten Legislaturperiode im Gemeinderat einstimmig verabschiedeten Fahrradkonzepts der Stadt Baden-Baden. In Vorbereitung der Umsetzung des Baden-Badener Systems reiste die kurstädtische SPD-Fraktion nach Mainz, um das dortige Fahrradverleihsystem genauer unter die Lupe zu nehmen. Die schon länger vorbereitete Besichtigung gewann insofern Brisanz, als offensichtlich durch die Stadtwerke im August zwei Fahrradverleihsysteme begutachtet worden waren, ohne dass allerdings die Entscheidungsträger im Betriebsausschuss davon unterrichtet, noch gar zur Vor-Ort-Besichtigung zugelassen worden sind.

Das Mainzer Konzept errang im bundesweiten Wettbewerb „Innovation, öffentliche Fahrradverleihsysteme – neue Mobilität in Städten“ im Jahre 2009 unter 44 eingereichten Bewerbern den ersten Platz.

Seit 2012 ist das von den Stadtwerken Mainz betriebene System in der Stadt präsent. Seine primäre Zielgruppe sind die Einwohner/innen von Mainz; an insgesamt 106 Stationen können an 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden am Tag, saisonal unterschiedlich bis zu 800 Räder entliehen werden. Voraussetzung dafür ist eine Registrierung (per App, PC oder traditionell) bei der zuständigen städtischen Gesellschaft.

Das Angebot kommt an: Nach 200 000 Ausleihvorgängen im Jahre 2012 wird in diesem Jahr die magische Grenze von 400 000 erreicht werden, womit statistisch gesehen jeder Mainzer zweimal im Jahr dieses System nutzt – inklusive einer spürbaren Reduzierung des innerstädtischen Individualverkehrs. Noch etwas zur Statistik: nach Erhebungen beträgt das Durchschnittsalter der Radnutzer 38 Jahr, bereinigt (d.h. ohne Berücksichtigung der zahlreichen Studenten in Mainz) 43 Jahre.

Natürlich ist Mainz schon von der Größe nicht mit Baden-Baden zu vergleichen. Dennoch liegt es nicht nur in der Ebene (man denke nur an den berühmten Mainzer Lerchenberg!).

Grundlegend, so die Erfahrungen der Mainzer Betreiber, ist die geschickte Auswahl der Standorte der Verleihstationen, die je nach Akzeptanz (Nutzungshäufigkeit) auch flexibel veränderbar sein müssen.

Teil des Mainzer Systems ist eine eigene Werkstatt zur Betreuung der Verleihstationen und zur Reparatur der Fahrräder. Mit Hilfe einer Software ist der jeweilige Befüllungsgrad der Stationen jederzeit ersichtlich, was eine Versorgung leerer Stationen mit Leihfahrrädern ermöglicht; eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz des Gesamtsystems.

„Es wäre schön gewesen, die Stadtwerke hätten über ihren mittelbadischen Tellerrand hinausgeblickt und auch funktionierende und offensichtlich gut akzeptierte Systeme in ihre Überlegungen zur Umsetzung des Fahrradverleihsystems in Baden-Baden mit einbezogen“, so Co-Fraktionsvorsitzender Kurt Hochstuhl.

Aber noch ist es ja nicht zu spät, hofft er auf Einsicht der kurstädtischen Stadtwerke.